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Möblierte Wohnungen gewinnen im deutschen Wohnungsmarkt zunehmend an Bedeutung.
Was lange als Nischenlösung galt, entwickelt sich mehr und mehr zu einer zentralen Option für Mieterinnen und Mieter, die Flexibilität benötigen und ebenso wie für Vermieter, die in einem stark regulierten Markt nach verlässlichen Erträgen suchen. In einer aktuellen Folge des Immocation-Podcasts spricht Gastgeber Marco Lücke mit Arkadi Jampolski, einem der Gründer von Wunderflats, und Dr. Martin Dombrowski, Professor für Steuerrecht und politischer Berater, über die Rolle möblierten Wohnens, die Faktoren hinter der steigenden Nachfrage und die regulatorischen Unsicherheiten, die diese Wohnform derzeit begleiten.
Unterschied zu Airbnb
Auf den ersten Blick ähneln sich beide Modelle, aber in der Praxis sind sie grundverschieden:
- Wunderflats prüft Vermieter und Wohnungen.
- Alle Verträge folgen dem deutschen Mietrecht.
- Mieter können ihren Wohnsitz anmelden – essenziell für Steuern, Arbeitserlaubnis und ein Bankkonto.
Bei klassischen Ferienwohnungen ist das nicht möglich. Für Vermieter ist der Unterschied entscheidend: illegale Touristenvermietungen in München können Bußgelder von bis zu 500.000 Euro nach sich ziehen.
Der Angebotsengpass
Die Nachfrage übersteigt das Angebot deutlich: Laut Wunderflats könnte die Plattform bis zu viermal mehr Vermietungen realisieren, wenn ausreichend Wohnungen verfügbar wären.
Doch warum kommen viele Angebote trotzdem nicht zum Abschluss?
„In 90 % der Fälle liegt es an schlechten Fotos, unzureichender Ausstattung oder unrealistischen Preisen“, erklärt Arkadi. Denn Mieter haben Auswahl und entscheiden sich nicht für das billigste IKEA-Setup zum dreifachen Preis.
Regulierung und Mietpreisbremse
Die deutsche Mietpreisbremse erlaubt, mit der Miete maximal 10 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete anzusetzen. Für möblierte, befristete Mietverhältnisse greifen diese Regeln jedoch nur eingeschränkt.
Martin stellt klar: „Kurzfristige, möblierte Verträge zum vorübergehenden Gebrauch fallen in der Regel nicht unter die Mietpreisbremse. Das Gesetz erkennt hier an, dass eine andere Leistung erbracht wird.“
Politisch gibt es zwar Bestrebungen, diese Ausnahme einzuschränken, aber grundrechtlich ist gesichert: Vermieter dürfen von ihrem Eigentum leben. Ohne diese Anreize würde das Angebot weiter sinken.
Was bedeutet „vorübergehend“?
Die durchschnittliche Mietdauer bei Wunderflats beträgt rund sechs Monate. Gerichte erkennen ab einem Monat eine Verlagerung des Lebensmittelpunkts an. Über zwölf Monate hinaus wird es kritisch – dann könnte ein Vertrag als reguläre Miete gewertet werden.
In der Praxis ist das Risiko gering. „Auf über 100.000 Vermietungen kommt es so gut wie nie zu Streitfällen“, betont Arkadi.
Steuerliche Aspekte
Für Vermieter sind zwei Punkte wichtig:
- Umsatzsteuer: Bei Mietverträgen mit einer Laufzeit von bis zu sechs Monaten fällt in der Regel 7 % Umsatzsteuer an – es sei denn, der Vermieter fällt unter die Kleinunternehmerregelung. Für die meisten privaten Vermieter stellt das jedoch kein Problem dar.
- Gewerblichkeit: Wer Hotel-ähnliche Services anbietet (Reinigung, Frühstück) oder in großem Stil vermietet, kann als gewerblich eingestuft werden – mit strengeren Pflichten und ggf. Gewerbesteuer.
In Berlin kam zuletzt zusätzliche Unsicherheit auf: Einige Bezirke vertreten die Meinung, das bloße Aufstellen von Möbeln sei eine „bauliche Veränderung“. Martin meint dazu: „Ein Sofa als bauliche Maßnahme zu deklarieren, ist juristisch sehr weit hergeholt.“
Warum das Thema wichtig ist
In Deutschland mangelt es nicht nur an Wohnungen – es fehlen auch flexible Wohnformen. Ohne möbliertes Wohnen haben internationale Fachkräfte, Familien in Übergangssituationen oder Menschen nach einem Notfall oft keine passende Lösung.
Oder wie Arkadi es formuliert:
„Jeder wohnt in einer möblierten Wohnung. Die Frage ist nur: Wer bezahlt die Möbel – der Mieter oder der Vermieter?“
Der Ausblick
Die Nachfrage ist real und wächst weiter. Die Regulierung mag sich verändern, doch der Bedarf bleibt bestehen. Möbliertes Wohnen ist längst kein Luxus mehr, sondern eine flexible, zeitgemäße Antwort auf die Lebens- und Arbeitsrealität in Deutschland.





